Meinen ersten Romananfang schrieb ich mit 8 Jahren. Ich war bei einer sehr guten Freundin und wir beschlossen ein Buch zu schreiben. Meines sollte ein Liebesroman werden. Nach fünf Seiten gab ich auf. Ich hatte einfach drauflosgeschrieben, aber keine Ahnung, worüber ich schreiben wollte (außer dass es eine Liebesgeschichte sein sollte.)
Inzwischen weiß ich, dass jede Geschichte auch erst einmal reifen muss. Ich verbringe täglich viel Zeit mit meinen Figuren. Beim Radfahren, in der U-Bahn, beim Kochen, vor dem Einschlafen.
Und oft, wenn ich feststecke, schnappe ich mir meine Kopfhörer, höre Musik und gehe laufen oder spazieren. Einmal in Bewegung fließen die Ideen meistens von selbst und Knoten lösen sich auf. Die Natur ist einfach wunderbar!
Je nach Thema verlangt ein Manuskript nach mehr oder weniger Recherche. Ich begebe mich gerne an die Orte und Schauplätze meiner Geschichte. Wo leben meine Figuren? Wie ist die Stimmung dort? Wer lebt dort noch? Dann mache ich Fotos, um die kleinen Dinge einzufangen: die Kritzeleien an der Hauswand, die Schuhe vor der Türe, der Lärm aus der Kneipe nebenan, den See in der Nähe. Ich spreche mit Menschen, die vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie meine ProtagonistInnen, versuche ihre Perspektive auf die Dinge zu erfassen, recherchiere im Internet, in Büchern, suche Zeitungsartikel. Recherche gibt Sicherheit und beflügelt die Fantasie. Und Spaß macht sie auch.
Ein Buch zu schreiben ist wie Kuchenbacken. Man braucht viel gute, erlesene Zutaten. Doch hiermit ist es nicht getan. Damit es ein Kuchen wird, muss er in eine Form gegossen und gebacken werden. So ist das auch mit dem Schreiben. Ideen brauchen Zeit zu reifen und eine Struktur, damit sie zu einer Geschichte werden. Meine Arbeit als Filmschaffende hilft mir hier enorm. Ich habe im Laufe der Jahre vieles gelernt über Aktstrukturen, Spannungsaufbau, Prämissen und allerlei anderes Handwerk.
Ich nehme mir immer wieder die Zeit, meine Geschichten zu überprüfen: stimmt die Motivation meiner Figuren, brauche ich mehr Spannung, was ist der Erzählhöhepunkt? Schreibratgeber können hier eine wertvolle Hilfe sein.
Eigentlich bräuchte ich viel mehr Zeit, um zu schreiben. Aber neben Beruf, Familie und Freizeit ist es oft nicht möglich, einen geregelten Rhythmus zu haben. Deshalb versuche ich mir, meine Fenster freizuschaufeln. Ich schreibe, wann immer ich Zeit habe.
Um kreativ zu sein, muss ich immer wieder mal aus meinem gewohnten Umfeld ausbrechen, Neues entdecken, andere Kulturen und Menschen kennenlernen. Zum Glück sind mein Mann und meine Kinder sehr reisefreudig und so können wir zusammen die Welt erkunden.
Außerdem lese ich unglaublich viel. Indem ich andere Romane analysiere und für mich erkunde, was mir gefällt, was gut funktioniert oder was weniger, lerne ich dazu. Ebenso verhält es sich mit Filmen. Aber eigentlich gibt es überall Inspiration. Das können Gespräche von Fremden in der U-Bahn sein, ein Plakat, ein Zettel im Wind, ein Gespräch mit einer Freundin. Man muss nur seine Augen und Ohren offenhalten.
Zeit für mich ist unendlich kostbar, vielleicht weil sie so selten ist. Dann genieße ich die kleinen Momente ganz besonders. Mit einer Tasse Kaffee am Fenster zu sitzen. Oder am Meer den Wellen zuzusehen und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Beim Autofahren Musik zu hören. Lachen mit der Familie. Diese Momente sind eine Quelle der Kraft und Energie.
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